Openairs

    Übersättigung und hohe Preise führen zu Publikumsrückgang

    Die Schweizer sind Weltmeister im Feste feiern. Dazu gehören zweifellos auch die Openairs, die in den letzten Jahren fast wie Pilze aus dem Boden schossen. Vom Grossanlass bis zum bescheideneren Event in einer Gemeinde oder im Quartier ist alles zu finden. Doch nun konkurrenzieren sich die Veranstalter gegenseitig und jagen sich die Besucher und Künstler ab.

    (Bild: © Beat Eglin www.presstime.ch) Jazz uf em Platz in Muttenz

    Früher wusste kaum jemand, was ein Openair ist. Konzerte fanden in Hallen oder anderen Räumen und in Festhütten statt. Heute hat fast jedes Dorf irgendwann einmal ein Openair, und sei es auch nur ein Dorffest oder eine Gewerbeausstellung mit einem Musikevent im Freien. Auch der Kauf von Tickets kann mühsam werden und ist oft mit hohen Gebühren verbunden. Somit öffnen sich neue Chancen für kleinere Veranstalter, die kleinere Brötchen backen, weniger Risiko mit überteuerten Sängern auf sich nehmen und wieder bescheidener werden. Das gleiche Phänomen ist auch in der Industrie zu beobachten. Je grösser ein Konzern wird, desto behäbiger ist er, was wiederum neue Chancen für kleinere Nischenplayer bietet. Und diese werden auch genutzt. Sie brauchen keine Sponsoren, die viel Geld einschiessen, um kaum bezahlbare, oft noch arrogante Künstler mit ihren ebenso überheblichen Managern zu engagieren, die meistens weder ihre Gagen wert sind noch diese einspielen. Und trotzdem bieten die kleinen Veranstalter ihrem Publikum einen Gegenwert, der sehr geschätzt wird. Viele Events gehen sogar ohne Eintrittsgelder und fast ohne Sicherheitspersonal über die Bühne. Lokale Sponsoren, Konsumationserträge und freiwillige Helfer mit Freude und Enthusiasmus machen den grossen Unterschied aus. Zudem läuft man nicht in ein überdimensioniertes finanzielles Risiko oder sogar ein Fiasko hinein.

    Konkurrenz droht aber auch von Indoor-Veranstaltungen. Das Jahresbudget der Musikliebhaber ist limitiert und allzu oft treten die gleichen Künstler zu kurz hintereinander auf den Bühnen in der gleichen Region auf.

    Die Zeit der Openair-Festivals ist sicher längst noch nicht vorbei. Der gesamte Markt wird aber neu aufgemischt. Montreux, Frauenfeld, Gurten, Locarno, St. Gallen, Gampel oder die Zürcher Streetparade sind grosse Namen und so stark etabliert, dass sie kaum so rasch vom Kalender verschwinden werden. Aber auch von ihnen werden einige zu leiden haben und Anpassungen vornehmen müssen.

    Rollergirl am Pratteler Autokino.

    Openairs in der Region Basel
    Die Truppe um Jürg Honegger findet für das Muttenzer Jazz uf em Platz seit 34 Jahren immer wieder neue Leckerbissen, die beim Publikum gut ankommen. Die Organisatoren setzen aber auch auf bewährte Bands, welche die Muttenzer Bühnen bereits kennen. Eintritt wird nicht verlangt, und die Kulisse auf dem Dorfplatz mit zwei Bühnen und der Dorfkirche im Hintergrund bietet eine ganz besondere Atmosphäre. Ein seit Jahren eingespieltes Helferteam aus verschiedenen Vereinen garantiert hohe Qualität und Konstanz.

    Das Gelände des Leimentaler Openair ist weg vom Schuss und stört während zwei Tagen höchstens Fuchs und Hase. Die Organisatoren legen Wert auf Umweltschutz. Die Besucher kommen zu Fuss, mit dem Velo oder einem kostenlosen Shuttle. Parkplätze hat es keine. Das 2003 geborene Festival hat sich auf Schweizer Künstler spezialisiert. Dieses Jahr spielten Züri West, James Gruntz, Nickless, Brandhärd und andere. Die Ticketpreise bewegen sich in einem moderaten Rahmen.

    Klein und fein ist das von Stevie Brügger ins Leben gerufene Out in the Green in Allschwil. Von den grossen Massen wurde das dreitägige Festival noch nicht entdeckt. Es fand dieses Jahr auch erst zum vierten Mal statt. Der Eintritt ist gratis und ein kostenloser Bus bringt das Publikum von der Endstation des Sechsers zum Gelände beim Forsthaus Kirschner. Das Programm bietet musikalische Vielfalt und auch bekannte Namen wie The Professor, Anna Rossinelli, Nubya oder Nicole Bernegger.

    Helene Fischer sang in Basel

    Im St. Jakob-Stadion sang Helene Fischer zum dritten Mal. Trotz ihrer grossen Bekanntheit war ihr Konzert nicht ausverkauft. Dennoch hatte sie an einem einzigen Abend mehr Publikum als die anderen Openairs der Region zusammen. Ihre Show wurde dominiert von riesigen Bildschirmen, Elektronik, Feuerwerk und Papierschnipseln, die bis über das Stadion hinausflogen.

    Dazu kommt noch das Stimmen-Festival in Lörrach, das dieses Jahr mit weniger bekannten und kostenintensiven Interpreten sein Glück versucht. Gespielt wird auf mehreren Bühnen in Lörrach und auf dem Arlesheimer Domplatz.

    Richtig amerikanisch geht es im Cinema Drive-In in Pratteln zu und her. Giacun Caduff, der für den Oscar nominiert wurde, zeigt dort nach dem Eindunkeln Klassiker und lässt dazu von Roller-Girls Hamburger, Popcorn und Cola servieren.

    Beat Eglin

    Fotos und Filme: www.fotoshopper.ch

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