FC Basel: Nach der Saison ist vor der Saison – ein Fazit

    Kolumnist: Eric G. Sarasin

    Das Coronavirus hat die internationale Fussballwelt schwer getroffen. Auch in der Schweiz. Trotz staatlicher Kredite hierzulande haben die fehlenden Stadionzuschauer ein riesiges finanzielles Loch hinterlassen. Für die Fussballer selbst, die teilweise auf den Lohn verzichten mussten und vor leeren Rängen gespielt haben, war die Situation auch nicht gerade motivierend.

    In unserer Stadt hat der Herzensclub vieler, der FC Basel, ein enttäuschendes Jahr hinter sich: schlechteste Platzierung in der Meisterschaft seit 2003 und verlorener Cupfinal. Einziger Lichtblick war die Qualifizierung in der Europa League für den Viertelfinal. Die Mannschaft war etwa so volatil wie die Aktienmärkte in diesem Jahr – einem Superspiel folgte ein Katastrophenmatch. Leider gab es zu viele der letzteren.

    Das COVID19-Virus kann sicher für Vieles verantwortlich gemacht werden, aber nicht für sportliche Leistungen. Der Trainer Marcel Koller hat sich zwar bemüht, hinterlässt jedoch einen zwiespältigen Eindruck. Zugutehalten muss man ihm, dass er Kritik und die Unruhen im Club sehr stilvoll und ruhig über sich ergehen liess. Man muss natürlich auch berücksichtigen, dass viele Spieler des FCB in der Saison 2019/20 einfach ungenügende Qualitäten aufweisen und keine Leader-Figur herausragt (Stocker ist kein Captain). Immerhin wurde versucht, viele junge Spieler einzusetzen, ganz nach dem Motto des Vereins «Für immer Rotblau». Man sah aber deutlich, wenn ein oder zwei Leistungsträger ausfielen, spielte die Mannschaft auf dem Platz zeitweise chaotisch.

    Der neue Mann an der Seitenlinie, Ciriaco Sforza, war einmal einer der besten Fussballer der Schweiz. Als Trainer hat er bisher keine Stricke verrissen, aber man muss ihm eine Chance geben. Er ist dafür bekannt, dass er junge Spieler entdecken und fördern kann. Auch kann ich mir vorstellen, dass er mit den Spielern besser kommuniziert, als der fade Koller. Durch die finanzielle Schwäche des Clubs wird er jedoch nicht damit rechnen können, Verstärkung zu bekommen – also wird er das Beste aus dem vorhandenen «Spielermaterial» machen müssen. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass ein neuer Wind sowohl auf dem Trainingsplatz als auch an der Seitenlinie positive Effekte haben wird. Man muss aber endlich aufhören, als Ziel vom Meistertitel oder ähnlichem zu sprechen. Natürlich gehört es dazu, Ziele zu definieren, aber in der Bescheidenheit läge hier die Stärke. Die fussballerischen Glanztage des FC Basel sind im Moment vorbei. Doch sollten wir dem neuen Trainer ein bis zwei Jahre Zeit geben, um Neues zu bewirken. Ob das der Fall sein wird, hängt in erster Linie davon ab, ob der Präsident ihm diese Zeit auch einräumt.

    Das führt mich gleich zum nicht-sportlichen Teil des FC Basel. Ich möchte dabei nicht alle Versäumnisse und Fehler der jetzigen Clubleitung aufzählen, denn das würde zu weit führen. Genug wurde darüber in diversen Zeitungen geschrieben. Zu Recht oder zu Unrecht, die Fakten sprechen Bände. Ein 60 Millionen Franken-Reservepolster wurde in gut drei Jahren verbrannt (unter anderem mit Investitonen in den indischen Club FC Chennai und in E-Sports). Der Club wurde aus finanzieller Sicht schlecht gemanagt, und es soll jetzt niemand mit der Entschuldigung «Corona-Virus» kommen. Es wurden bereits vorher Fehler gemacht und versäumt, Korrekturen vorzunehmen (Wo ist das Sparprogramm?). Es arbeiten immer noch viel zu viele Personen beim FC Basel und der Kreis der Berater, der sich um den Präsidenten schart, zählt viele Köpfe. Die gewichtigen Abgänge der Fussballlegenden Streller, Frei und Ceccaroni und der Weggang von Sportchef Zbinden werfen auf die jetzige Führung kein gutes Licht. Das paart sich mit dem grossen öffentlichen Unmut (Muttenzer Kurve) über die miserable Kommunikation der Führungscrew oder, besser gesagt, des Präsidenten, denn der CEO hat nichts zu sagen. Nach der Ära Heusler ist vor drei Jahren die neue Crew mit vielen Vorschusslorbeeren und Versprechen angetreten. Heute steht der Club vor einem Scherbenhaufen. Ich bemühe mein eigenes Zitat aus einem Beitrag in einer anderen Zeitung: «Der Fisch stinkt am Kopf», und das tut er seit meinem damaligen Artikel immer noch!

    Wie wird es weitergehen? Der Club braucht Geld und zwar relativ bald. Dies, obwohl die Halbjahreszahlen «nur» mit einem Verlust von CHF 3,6 Mio enden (Zitat Burgener aus dem Sportpanorama vom 6.9.20). Entweder Burgener zaubert einen weiteren Hasen aus dem Hut und bringt selbst das benötigte Geld oder es manifestiert sich ein Investor – wahrscheinlich aus dem Ausland. Burgener selbst spricht davon, das sinkende Schiff als Kapitän nicht verlassen zu wollen, doch das Wasser steht ihm bereits auf Bauchhöhe. Der Club ist heute vielleicht noch CHF 10 Millionen Wert, also müsste ein Investor diese Summe bringen, um Burgener abzulösen (wenn er denn verkaufen will) und obendrauf gute CHF 20-30 Millionen bereit haben, um den Club in eine finanziell stabile Zukunft zu führen. Es spricht nichts gegen einen Investor aus dem Ausland, der ein lokales Management einsetzt. Die jetzige Führungscrew muss jedoch ausnahmslos und schnell ersetzt werden. Es gibt genügend fähige Personen in Basel und Umgebung, um den FC Basel zu restrukturieren und sauber zu führen. Doch dazu müsste man rigoros wie mit einem heissen Messer durch die Butter gehen.

    Auch bin ich der Überzeugung, dass der St. Jakob-Park dem FC Basel gehören sollte. Momentan gehört das Stadion der Genossenschaft St. Jakob, und anscheinend ist das Tuch zwischen dem Club und der Genossenschaft auch zerrissen (man spricht nur noch über Anwälte). Es gäbe eine einfache Lösung: Der FC Basel kündigt den Vertrag und spielt sobald wie möglich auf der Schützenmatte. Die Einnahmen der Genossenschaft St. Jakob würden auf einen Schlag wegbrechen. Wenn dem FC Basel das Stadion gehörte, würden alle Einnahmen aus den Spielen (mit Catering etc.) ausnahmslos in die Kassen des Clubs fliessen, wenn sich die Zuschauersituation wieder normalisiert hat.

    Zurück zu Burgener & Co.: Er hat ein schweres Erbe angetreten und sicher nicht alles falsch gemacht, aber der Leistungsausweis ist seit drei Jahren nicht gut und in einer «normalen» Firma hätte man eine solche Führung schon lange ausgewechselt. Im Fussball ist das jedoch anders, vor allem wenn eine normale «Corporate Governance» gar nicht vorhanden ist oder gelebt wird. Eine Corporate Governance ist der rechtliche und faktische Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung von Unternehmen zum Wohlwollen aller relevanten Anspruchsgruppen. Wenn man sich diese Definition auf der Zunge zergehen lässt, erkennt man schnell, dass hier ein grosses Defizit besteht – nicht nur beim FC Basel, sondern in vielen Schweizer Clubs. In England, Deutschland und Spanien werden Clubs so geführt, sie müssen dies auch tun, da einige börsenkotierte Unternehmen sind. Unter anderem darum ist die Schweizer Liga eben auch nur eine «gemütliche» Liga, die mit den Grossen nicht mithalten kann.

    Falls Burgener den Sturm überlebt und den Club in eine finanziell bessere Zeit führen kann, muss er auch den Club neu aufstellen und eine Führungscrew für die tägliche Arbeit einsetzen, die diesen Namen verdient. Wenn nicht, werden wir weiterhin hilflos zusehen müssen, wie dieser ehemals stolze Club immer mehr zerfällt. Vielleicht besteht noch ein kleiner Hoffnungsschimmer in der Person von David Degen, der als Aktionär und Verwaltungsrat auch eine Option auf mehr hat, und vorausschauender denkt als Burgener. Die Beziehung zwischen diesen total unterschiedlichen Persönlichkeiten liegt auch im argen, aber Degen hätte die Beziehungen, eine neue Crew zu finden und sich als Aktionär zu festigen.
    In den nächsten Monaten werden wir wissen, ob der FC Basel sportlich und finanziell besseren Zeiten entgegen geht. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Daran klammere nicht nur ich meine Hoffnungen, sondern wahrscheinlich viele FCB-Fans in der Region! Freuen wir uns also auf die neue Saison.

    Vorheriger ArtikelEBL kündigt am Energie- und Klimagipfel namhafte Investitionen in erneuerbare Energie an
    Nächster Artikel«Das wäre für krisengeschüttelte Branchen der Todesstoss!»