Billiges Benzin

    Immer wieder kommen der Benzin- und Ölpreis in die Schlagzeilen. Einmal sind die Preise zu hoch, dann plötzlich zu tief und die Politik denkt über höhere Steuern nach. Die weltweiten Einflussfaktoren haben sich geändert und die Schweiz hat keine andere Wahl, als zu bezahlen, was der Markt verlangt.

    (Bild: © Beat Eglin www.presstime.ch) Die Schweiz hat immer noch ein grosses Tankstellennetz.

    Schon immer wussten die Autofahrer genau, wo sie in ihrer Region das billigste Benzin tanken konnten. Wegen ein paar Rappen werden grosse Umwege gefahren oder sogar Extrafahrten unternommen, um zu profitieren. Da aber kaum jemand mit einem Tankwagen herumfuhr, mit dem sich das Geschäft ab ein paar hundert Litern lohnte, war der vermeintliche Profit immer eine Selbsttäuschung. Das Auto verursacht nicht nur Benzinkosten. Diese sind der geringste Anteil am Gesamtaufwand. Service, Reparaturen und Amortisation sind wesentliche Bestandteile, die berücksichtigt werden müssen. So kommt man je nach jährlichen Fahrdistanzen rasch auf einige Zehnerli pro Kilometer. Bei Garage, Parkplatz, Steuern und Versicherung kann man eventuell noch ein Auge zudrücken und diese Auslagen zu den Fixkosten zählen. Sie fallen an, ob das Auto fährt oder nicht. Trotzdem gehören sie in eine korrekte Gesamtkalkulation. Diese Kosten bemerkt man im Laufe des Jahres kaum, da sie einmalig per Rechnung beglichen werden. Beim Tanken sieht man aber jedes Mal, wie das Zählwerk rattert und bei jeder Preiserhöhung immer schneller läuft. Die Ganz- oder Halbschlauen sagen jeweils als Witz und mit einem Lächeln, dass für sie der Preis keine Rolle spiele, «da sie sowieso immer nur für fünfzig Franken tanken»!

    Umweg lohnt sich nicht
    Wenn wir die Rechnung machen, von 5 Rappen Ersparnis ausgehen und 50 Liter tanken hat man zwei Franken fünfzig gewonnen. Dafür standen wir vielleicht im Stau und fuhren einige unnötige Kilometer. Wenn wir pro Kilometer 30 (Teilkosten) bis 100 Rappen (Vollkosten) annehmen stellen wir rasch fest – auch wenn wir keine Rechenkünstler sind – dass sich der Aufwand niemals lohnt. Zudem wird die Umwelt zusätzlich mit 120 bis 200 Gramm Abgasen pro Kilometer belastet. Das Weltklima wird dadurch zwar nur unmerklich beeinflusst, aber bekanntlich «verderben allzu viele Köche den Brei». Und bald wird der nächste Billigflieger bestiegen, um irgendwo ein schönes Wochenende zu verbringen oder man macht sein Weihnachtsshopping in einer anderen Umgebung. «Der Flieger hebt sowieso ab, ob ich dabei bin oder nicht», ist die bekannte Ausrede um sein Gewissen zu beruhigen.

    Benzinpreise
    Dass Schweizer Einkaufstouristen mit Argwohn von den einheimischen Geschäften beobachtet und verurteilt werden ist bekannt. Als der Wechselkurs aber für unsere Nachbarn vorteilhafter war reklamierte niemand. Aus Deutschland oder Italien kamen die Autos in früheren Jahren massenweise in die Schweiz, um den deutlich billigeren Treibstoff zu tanken. Das nahm man mit einer Selbstverständlichkeit an und etliche Geschäftsleute verdienten sich eine goldene Nase. Auch die Läden – von Lebensmitteln bis zur Bekleidung – freuten sich über jeden zusätzlichen Umsatzfranken.

    Jetzt aber hat sich das Rad gedreht. In Deutschland ist das Preisniveau für Benzin ähnlich wie in der Schweiz, manchmal sogar billiger. Wer nach Österreich in die Ferien fährt kann beruhigt mit einem fast leeren Tank die Grenze überqueren. Auf der anderen Seite kann er sich 10 Prozent billiger mit Treibstoff eindecken. Nur die Nachbarn Italien und Frankreich sind deutlich teurer.

    Der Benzinpreis war schon immer ein Politikum. Kaum stieg er um einige Rappen wurde gejammert. Je nach Gegend bewegt er sich momentan in der Region von 1.60 – 1.80 Franken. Vor 10 Jahren wurde schon einmal an der Marke von 2 Franken gekratzt. Und plötzlich sank der Preis wieder unter 1.50. Die Preisanpassungen der OPEC oder Kriege haben weniger Einfluss auf den Ölpreis als früher. Heute gibt man die Schuld den Querelen zwischen Trump und Erdogan. Auch der Boykott der USA gegen den Iran als grosser Erdölförderer spielt eine wichtige Rolle. Der niedrige Wasserstand des Rheins ist ein weiterer Faktor. Die Hälfte des Benzins kommt auf diesem Weg in unser Land. Die Schiffe können weniger laden und der Frachtpreis erhöht sich. China und andere Länder beanspruchen auch immer mehr Treibstoffe, was den Markt weiter belastet. Auf der anderen Seite haben sparsamere Autos und geringerer Ölverbrauch bei Heizungen einen Einfluss. Bei steigenden Preisen wird es interessant, stillgelegte Bohrlöcher wieder zu aktivieren. Für die USA wird es zudem lohnenswert, vermehrt Ölschiefer zu verwerten, um von Importen unabhängiger zu werden. Diese Faktoren sind aber zu wenig gross für eine wirksame Entlastung der Märkte.

    Die Schweiz kann sich dem Markt nur anpassen und die Rechnungen bezahlen, die uns die Lieferanten zustellen, oder noch mehr auf alternative Energiequellen setzen.

    Beat Eglin

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